Neuerscheinung: Arbeit am Charisma – Macht und Affekt in Joachim Fests und Ian Kershaws Hitler-Biographien. Von Eva Horn
12. April 2010
In: Politische Leidenschaften. Zur Verknüpfung von Macht, Emotion und Vernunft in Deutschland. Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, 38 (2010), S. 47-62.
Zitation
Eva Horn analysiert die unterschiedlichen historischen Schreibweisen, in denen das Charisma Hitlers in zwei einflussreichen Biographien dargestellt wird. [...] Wie Horn darlegt, muss jede Biographie Hitlers sich mit der „infektiösen Erregung“ auseinandersetzen, die Hitler bei seinen Anhängern freisetzte, und diese den Lesern durchschaubar und plausibel machen. Horn zufolge versucht Joachim Fest in seiner Hitler-Biographie, dessen Theatralität zu veranschaulichen, indem er Hitlers Auftritte dramatisch reinszeniert und sie in Zusammenhang mit Wagner und der Welt der Oper setzt. Diese Entlarvung Hitlers unternimmt er in einer mit Wut und Erregung aufgeladenen Sprache.
Im Gegensatz zu Fests von Leidenschaft geprägtem Stil zeichnet sich Ian Kershaws Hitler-Biographie durch einen betont neutralen Erzählton aus, in dem er Hitlers Charisma als „billigen Effekt kalkulierter Gesten“ darstellt und durch Collagen von Dokumenten zu neutralisieren versucht. Horn sieht den Unterschied zwischen den beiden stilistischen Ansätzen in den Biographien der Autoren begründet: Während Fest Hitlers Regime leidvoll erfuhr, ist Hitler für Kershaw ein lediglich aus Dokumenten bekanntes Forschungsobjekt. (José Brunner im Editorial des Bandes)
Prof. Dr. Eva Horn lehrt neuere deutsche Literatur an der Universität Wien. Ihr vorliegender Aufsatz entstand 2008 während ihres Aufenthaltes am Kulturwissenschaftlichen Kolleg Konstanz.